DIE GEERDETE
Text: Clara Holzhauser
Foto: Samantha Gbur
Auf dem ersten Blick besticht sie durch Understatement. Gänzlich uneitel kommt sie daher: kugelig, verbeult, oft dreckig. Aber aufgepasst: Einmal aufgeschnitten, leuchtet sie. Sattes Dunkelrot. Wer Rote Bete verarbeitet, hat sie als Erinnerung an den Händen. Ordentlich schrubben ist dann angesagt. Nicht ohne Grund wurde sie aufgrund ihres natürlichen Farbstoffs Betanin sogar früher als Färberpflanze eingesetzt.
Sie wurde lange unterschätzt, galt gar als Arme-Leute-Essen. Heute ist sie hip, flirrt als Superfood durchs Netz. Was ihr alles zugeschrieben wird: Reich an Vitaminen und Mineralstoffen, gut für Schwangere und für Menschen mit Eisenmangel, blutreinigend, entsäuernd, entgiftend, senkt Bluthochdruck und hebt die Stimmung. Und dann erst das Betanin: antioxidativ, anticancerogen. Soll vor Zellschäden schützen und damit Entzündungen im Körper vorbeugen.
Rote Bete-Gerichte: optisch manchmal ein bisschen tricky. Sie zwingt halt jedem ihre Farbe auf. Da rächt sich die Uneitle. Wir alle kennen die lilafarbenen Heringssalate.
Ist geschmacklich schwer zu beschreiben: »Erdig-rauchig« vielleicht, wenn man ihr positiv gesonnen ist. »Muffig«, wenn man sie nicht schätzt. Die Rote Beete ist mit der Zuckerrübe und dem Mangold verwandt, aber vielseitiger einsetzbar. Als typisches Wintergemüse fühlt sich sehr wohl in einem Rohkostsalat, harmoniert perfekt mit Zitrone oder Ingwer. Anders als Spargel, diesem Sensibelchen, dem man wenig Gewürz zur Seite stellen kann, verträgt die Rote Bete Härteres: Dill, Petersilie oder Schnittlauch steckt sie locker weg, aber auch Kümmel, Nelken oder Meerrettich. Super lecker ist Rote Beete – gekocht oder roh – in hauchdünnen Scheiben als Carpaccio. Dazu Balsamico, schwarzem Pfeffer – im Terzett mit Ziegenkäse und karamellisierten Wahlnüssen etwa. Tipp: zum Dippen als purpurner Hummus oder als gesalzener Chip zusammen mit frittierten Süßkartoffeln.
Alternativ klappt`s auch mit Garen im Ofen. Dann blutet sie nicht aus und kein gesunder Inhaltsstoff landet im Kochwasser. Generell ist sie aber roh am Wertvollsten.
Ob als frische Knolle oder in vorgekochter, vakuumierter Form: das rote Gemüse findet man in jedem Supermarktregal. Super gesund ist auch ihr Saft. Wem das geschmacklich zu heftig ist, der kann ihn zum Smoothie mit Apfel, Ingwer, Limette und Wasser vermischen. Nicht minder hip, schmeckt, und nennt sich detoxen. Oder – ganz Understatement eben: trinken.
Der eine zauberte zwei Sterne ins Mannheimer »Opus V« und verliert darüber nicht viele Worte, der andere liebt das Kochen, gute Weine und stellt gerne Fragen.
schwebt Sommelière Nathalie Lumpp. Ihr (W)einblick hinterfragt diesmal einen Sommer ohne Roséwein: »Geht gar nicht!« Warum, erklärt sie uns.
Dass vieles, was altbewährt und nah ist auch gut sein kann beweist die Heidelbeere. Heimisch bei uns, bekannt aus Omas Marmelade – eben eine runde Sache.