In meiner Haut.

Text: Linah Edel

Foto: Marina Terechov

Erste Begegnung mit dem Land, das heut meins ist;
ein Geruch, den Mama von einer Reise mitbrachte.
In Kenia eine unter vielen, die so aussehen wie ich,
in Worms am Anfang von allen Weißen betrachtet.
Die Neugier der Anderen wird mein Begleiter bis jetzt
und sorgt für ein Fremdfühlen, das sich niemals ganz setzt.
Wie eine Puppe, die man anfasst, der man, ohne zu fragen
die Kleider zerfetzt; ich lache und schweige,
begreif es als Test.

 

Und erst mit der Reife stell ich leider bald fest,
dass ich mich unterscheide – es wird mit der Zeit Manifest.
Mein Geist, eingepresst in fremden Rahmen, sorgt für Misstrauen,
weil ich weiß, dass sie nicht alles, was sie denken, sagen.
Was meint der Typ, wenn er sagt, er mag es exotisch,
dass er sonst nie Schwarze hat, aber mich heute in Leder mag.
Ob er mit seinen Leuten wohl »Neger« sagt und Fotos rumzeigt
wie bei einer Trophäenjagd? 

 

Und wenn Schwarze mir raten, mein Kraushaar zu glätten,
will ich raus aus den Ketten.
Brauche Vertrauen und vertausche die netten Braids
gegen Locken, die fauchen und sprechen.
Sie wollen dir sagen »Lass mich raus aus den Schubladen«,
nach vierhundert Jahren grausam im Blut baden.
Färbt die Geschichte jeden Laut,
jeden Buchstaben und trotzdem. 

 

Hoffe ich auf ein »Wir«, das echt ist und atmet,
während meine Sinne Alarm schlagen.
Deutschland auf dem Scheideweg und wie es weitergeht
hängt davon ab, ob wir zueinander Ja sagen,
ob wir überhaupt ehrlich miteinander reden.
Nur ohne eure Ignoranz kann mein Verstand sich vorstellen,
ohne Angst in diesem Land zu leben. 

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