YONI, VULVA, VAGINA.

Das Einmaleins des weiblichen Geschlechts

Text: Leandra Preißler

Foto: Samantha Gbur

Beginnen wir mit einer Thematik, die zwar zum Einmaleins unseres Körpers gehört, jedoch ständig für Verwirrung sorgt. Für das weibliche Geschlechtsorgan gibt es zig Wörter: Scheide, Döschen, Dose, Muschi, Mumu, Vulva, Vagina, Yoni, usw. Nehmen wir jetzt mal an, wir gehen zu unserer/unserem Gynäkolog*in –wie benennen wir denn dann unser Geschlechtsorgan? Oder unsere Tochter fragt uns, wie das denn »da unten« eigentlich heißt? Stets kommt es hier zu verschämten Antworten. Mumu, Muschi, Döschen sind alles Verniedlichungen und nicht wirklich wissenschaftlich. Scheide ist gruselig, wenn wir uns mal mit der originären Wortherkunft beschäftigen: schmale, längliche, der Form der jeweiligen Klinge angepasste Hülse aus festem Mate-rial, in die eine Hieb- oder Stichwaffe bis zum Knauf hineinge-steckt wird. Okay. Nein, danke! Und nun kommen wir zu zwei Begriffen, die viele sehr gerne als Bezeichnung des weiblichen Geschlechtsteiles ansehen, die aber beide nicht ausreichend sind. Denn: Als Vagina bezeichnet die Wissenschaft ausschließlich das Innere unseres Geschlechtsorganes wie den Mutter-mund, die Gebärmutter, den G-Punkt, etc. Sprich alles, was von außen nicht sichtbar ist. Die Vulva hingegen bezeichnet alles, was von außen sichtbar ist: die großen und kleinen Lippen, die Klitoris und den Venushügel. Und dann gibt es da noch einen wirklich tollen Begriff, der nicht nur Vagina und Vulva vereint und das weibliche Geschlecht in seiner Gesamtheit betitelt, sondern zugleich wundervolle Assoziationen liefert wie Quelle, Ruheplatz und Ursprung. Die Rede ist von Yoni. Dieser Be-griff stammt aus dem Tantra und wird in Ländern wie Indien und Nepal verwendet. Für mich ist dieser Begriff perfekt, da er den Zauber, das Wunder und die Schönheit des weiblichen Geschlechts vereint und uns vor allem hilft, uns von der Scham zu trennen. Denn diese Scham ist hier völlig fehl am Platz und ist trotzdem ein großes Problem unserer Gesellschaft. Jungs haben ein Geschlechtsorgan, das äußerlich sichtbar ist und deshalb haben sie oft einen wesentlich offeneren Umgang mit ihrem Penis als Frauen mit ihrer Yoni. Diese ist verdeckt und nach innen gekehrt. Und dann sorgen wir auch noch selbst dafür, dass wir kein vertrautes Verhältnis zu unserer Yoni haben, schließlich betiteln wir diese selbst oft noch als weibliche Scham in ihrer Gänze. Verdeckt wird unsere Vagina dann auch noch von den sogenannten »Scham«-lippen. Fast alle meine Freundinnen haben sich ihre Yoni noch nie im Spiegel angeschaut. Die Zahlen im Bereich der Schönheitskorrekturen rund um den weiblichen Genitalbereich steigen jedes Jahr. Die Pornoindustrie zeigt uns immer rasierte, pickelfreie und glatte Yonis. Die Schamlippen müssen alles komplett verdecken und am besten sieht die Yoni aus wie ein Brötchen. Das ist aber nicht die Realität. Yonis haben verschiedenste Formen, Farben und keine gleicht der anderen. Dies finden wir aber nur dann heraus, wenn wir uns endlich mal ohne Scham mit unserer Yoni beschäftigen und uns vielleicht auch mal Fotos von anderen anschauen. Und wie wir sie gut behandeln, darüber fangen wir an dieser Stelle noch gar nicht an zu reden. Lasst uns also unserer Freundin Yoni mehr Beachtung schenken, sie mit Stolz besitzen und, vor allem, lasst uns nicht mehr »Scham«-Lippen sagen. Wie wäre es mit Vulvalippen? Klingt doch schon viel sinnlicher.

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